Sonntag, 28. Dezember 2008

Als das stolze Messina in Truemmern lag Erdbeben vor 100 Jahren

Das Beben dauerte eine gute halbe Minute, schien aber endlos zu sein. Es riss Millionen Menschen verängstigt aus dem Schlaf und Zehntausende in den Tod. Kurz vor dem Morgengrauen ereilte dieses Drama das einst stolze Messina auf Sizilien: Die alte Barockstadt und auch das prächtige Reggio Calabria auf der anderen Seite der Meerenge zwischen Italiens größter Insel und dem Festland lagen in Trümmern.

Was Minuten nach dem Erdbeben der Stärke 7,1 folgte, nannte man damals noch nicht Tsunami: Zehn Meter hohe Flutwellen überrollten die bis dahin so zauberhafte Hafenstadt. Mehr als 80 000 Menschen kamen am 28. Dezember 1908 durch Europas folgenschwerste Naturkatastrophe des 20. Jahrhunderts um. Experten befürchten, dass sich das alles wiederholen könnte - womöglich in den nächsten 25 Jahren.

Das gewaltige Beben von 5.20 Uhr in der Meerenge von Messina, dort wo Sizilien und Kalabrien sich am nächsten kommen, machte im Nu tausende Gebäude dem Erdboden gleich - vor allem den Dom in beiden Städten, Basiliken, ganze Palastzeilen und damit das architektonische Erbe vergangener Jahrhunderte. Wer sich aus den Trümmern des Grauens retten konnte, versuchte in Messina zum Hafen zu gelangen, nur um von einer der drei riesigen Monsterwellen mitgerissen zu werden, die acht Minuten nach dem Beben alles unter sich begruben, was nicht niet- und nagelfest war. Wie viele Menschen in einstürzenden Häusern oder durch den Tsunami umkamen, das konnte nie genau gezählt werden.

"Theoretisch kann das durchaus wieder passieren, wir wissen nur nicht, wann", so meint der römische Geologe Andrea Billi. "Das Erdbeben vor 100 Jahren war Teil des sich fortsetzenden Bebenzyklus in der Region, also bedingt durch die Verschiebung Siziliens in nordöstliche Richtung", sagt der römische Geologe Annibale Mottana. Und er warnt: "Wir benötigen daher vorsorgliche Schutzpläne für die Bevölkerung und ihre Umsiedelung in weniger gefährdete Gebiete."

Solche Pläne in Italien umzusetzen, ist jedoch ein nahezu unmögliches Unterfangen. Das zeigten die erfolglosen Bemühungen der Regierung, die in der Nähe des Vesuvs bei Neapel wohnenden Massen mit finanziellen Anreizen dazu zu bewegen, aus der Gefahrenzone des Vulkans wegzuziehen.